Von der Startphase abgesehen ist dies das stillste Vergnügen zwischen Himmel und Erde: Segeln in einem Flugzeug ohne Motor, ohne Gedröhn ohne Gestank. Los geht´s von null auf hundert in drei Sekunden. An einer Seilwinde wird der Segler in die Höhe gezogen. Nach dreißig Sekunden hinter der Zugmaschine sind 380 Meter Höhe geschafft, das Seil klinkt aus, und der Flieger ist allein mit sich, den ausladenden Schwingen seines Vogels und der Welt dort oben. Losgelöst in Raum und Zeit, begleitet nur vom säuselnden Flüstern des Windes.

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Kaum zu glauben, dass diese dem Vogelflug am nächsten kommende Form des Fliegens unter Nachwuchssorgen leidet.

„Wenn das Seil ausklinkt und ich vogelfrei am Himmel meine Runde drehe, ist das ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Wo steht die Wolke? Wo treibt mich die Thermik, der Aufwind, noch höher hinaus? So erlebe ich meine Freiheit im unbegrenzten Raum. Der fast 40 Jahre alte Song von Reinhard Mey, „Über den Wolken…“, bringt es auf den Punkt schwärme ich, ein Pilot der sich als Genussflieger bezeichnet. Seit fast 25 Jahren ich dem Segelflugsport verfallen. Seitdem verbringe ich viele freie Minuten auf dem Flugplatz in Rudolstadt-Groschwitz.

In Deutschland, dem Mutterland des Segelflugsports, gibt es ca. 30000 organisierte Piloten. Das sind fast 50 Prozent aller Segelflieger weltweit. Ihr Mekka ist die Wasserkuppe in der Rhön, wo vor 102 Jahren der Segelflugsport aus der Taufe gehoben wurde.

In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Segelfliegen zum Volkssport. Heini Dittmar oder die nicht unumstrittene Hanna Reitsch wurden zu Idolen der Jugend. Die Nazis wussten diese Begeisterung zu missbrauchen. Der Segelflugsport wurde – wie später auch in der DDR – Teil der vormilitärischen Ausbildung.

Segeln im Sinkflug? „Die Begeisterung fürs Fliegen war immer hoch, doch jetzt droht sie ins Stocken zu geraten“, sagt Uschi Kirsch vom Deutschen Aero Club, DAeC, in Braunschweig. Den demografischen Wandel und die Tatsache, dass mittlerweile eine enorme Palette an Sportarten angeboten wird, macht sie für die Stagnation auf den Segelflugplätzen verantwortlich.

In den 50er und 60er Jahren, den goldenen Zeiten der Segelfliegerei, waren über40 000 Segelpiloten im DAeC organisiert. Diese Zahl wurde nie wieder erreicht. Die Zahl der Motorfluglizenzen dagegen ist von wenigen tausend auf 31 500 gestiegen. Vor allem aber haben die Gleitschirm- (26 000) und Drachenflieger (17 500)  in den letzten 30 Jahren dramatisch zugelegt. „Das Segelfliegen hat starke Konkurrenz bekommen“!

Auch in Groschwitz geht das alles nicht spurlos vorbei. Wie in vielen Vereinen gibt es ab und an Nachwuchssorgen. Im Moment läuft die Ausbildung „wie am Schnürchen“ und unsere ehrenamtlichen Fluglehrer können sich über zu wenig Schüler nicht beschweren. Nicht ganz ohne Stolz können sie von sich behaupten, Piloten der Lufthansa und der Luftwaffe, die ersten „Flügelschläge“ beigebracht zu haben.

Von April bis Oktober dauert die Flugsaison. Bei Veranstaltungen werden die Streckenrekorde aufgestellt und Kunstflug-Wettbewerbe ausgetragen. Die aktuellen Weltbestmarken: 15,447 Kilometer Höhenrekord. Die weiteste Strecke, die am Stück geflogen wurde: 3009 Kilometer. Die höchster Durchschnittsgeschwindigkeit über eine 1000- Kilometer- Dreieckstrecke: 169,72 km/h.

Beliebt ist auch der Wandersegelflug. Quasi eine Flug-Kreuzfahrt in Etappen die sich über Wochen hinziehen kann.

Mit 14 Jahren können Flugfans mit der Ausbildung beginnen. Das Mindestalter für die Lizenz beträgt 16 Jahre. So startete auch die Karriere der deutschen Meisterin in der 15-m-Klasse (Spannweite der Flügel), Katrin Senne aus Sindelfingen. Nach dem Reiz des Segelfliegens gefragt sagt die dreifache Mutter: „Das Erkunden neuer Landschaften und das Erfliegen eigener Grenzen und die des Flugzeuges.“

30- bis 40 000 Euro kostet ein modernes gebrauchtes Segelflugzeug. Die meisten sind Vereinsbesitz. Ihre Instrumentierung erinnert teilweise an die in den Jets: Höhenmesser, Geschwindigkeitsanzeige, künstlicher Horizont, Sprechfunkgerät, GPS für die Navigation.

Was den Segelflieger vom Motorflieger unterscheidet ist ein kleiner roter Wollfaden der mit simplem Klebestreifen von außen an der Plexiglaskuppel befestigt ist. „Wir fliegen mit Körpergefühl, und der Wollfaden muss sich im Flugwind in der Längsachse des Flugzeuges befinden. Dann liegt der Segler richtig“!

Segelfliegen ist umweltfreundlich, stärkt den Teamgeist, die Konzentrationsfähigkeit und das Verantwortungsbewusstsein. Ein Hobby das man nicht allein betreiben kann, aber bei dem man in der Luft doch ganz allein mit sich und der Natur ist. Auf der Suche nach der richtigen Thermik nutzen erfahrene Piloten die überlegenen Fähigkeiten der Tiere.

“ Wir suchen den Bussard, denn wo der fliegt, ist die Thermik am besten.“

Begleitet von oft mehreren Raubvögeln schrauben sich die Flieger in die Höhe, um dann nicht ganz so im Sturzflug wie ihre gefiederten Vorbilder entspannt der Erde entgegenzusegeln.

 
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*Text frei nach einem unbekannten Autor einer Zeitung verändert

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